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Bub stirbt an Coronavirus: Braucht es in Luzern nun Kindergarten- und Schulschliessungen?

Der laborbestätigte Todesfall über die Feiertage schockt verunsicherte Eltern: Zwischen dem 21. und dem 27. Dezember registrierte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) in der Kategorie der 0- bis 9-Jährigen einen männlichen Todesfall. Ist das Coronavirus und die neue Mutation für Kleinkinder doch gefährlicher als bisher kommuniziert? Muss der Luzerner Gesundheitsdirektor Guido Graf nun handeln? Experten warnen.

Mutation: «Es gibt einen Anhaltspunkt, dass es eine höhere Neigung hat, Kinder zu infizieren», sagt Neil Ferguson vom Imperial College London, gegenüber der Bild-Zeitung.

Roger Lauener, Chefarzt Pädiatrie des Ostschweizer Kinderspitals in St. Gallen, erklärt gegenüber «Blick»: «Das Kind wurde beim Eintritt in das Spital positiv auf Covid-19 getestet. Im Verlauf verschlechterte sich sein Zustand, bis es schliesslich verstarb. Inwiefern Covid-19 tatsächlich zum tragischen Verlauf beigetragen hat, ist derzeit noch unklar.»

Mutation in der Schweiz angekommen

Im Kanton Bern ist soeben ein erster bestätigter Fall einer Coronavirus-Mutation aus Grossbritannien bestätigt worden. Es handelt sich um einen neunjährigen Schüler aus London, wie die bernische Gesundheitsdirektion am Samstag mitteilte. Von der Mutation wurden in der Schweiz bisher fünf bestätigte Fälle bis Ende Dezember bekannt. Das macht Sorgen, denn die neue mutierte Variante ist britischen Wissenschaftlern zufolge für Kinder ansteckender als bisherige Varianten: «Es gibt einen Anhaltspunkt, dass es eine höhere Neigung hat, Kinder zu infizieren», sagt Neil Ferguson vom Imperial College London, gegenüber der Bild-Zeitung.

Experten fordern Schulschliessungen

Otto Kölbl forscht an der Uni Lausanne zu Corona, für ihn ist klar: Die Gefährlichkeit die von Kindern ausgeht wird stark unterschätzt! «Das Coronavirus verbreitet sich an Primar- und Sekundarschulen massiv, dem wird viel zu wenig Beachtung geschenkt.» Er sieht zudem einen direkten Zusammenhang zwischen dem Infektionsgeschehen an Schulen und dem Beginn der zweiten Corona-Welle in der Schweiz im vergangenen Oktober.

Und auch Epidemiologin Olivia Keiser warnte bereits im letzten September im Interview mit dem Tagesanzeiger: «Wir müssen sofort die Maskenpflicht in den Schulen einführen, auch bei Primarschülern. Ich sehe keine andere Lösung.» Auch verschiedene asiatische Länder würden das so handhaben. Auch gute Lüftungskonzepte brauche es an den Schulen, um das Ansteckungsrisiko via Aerosole zu minimieren. Keiser weiter: «Ich weiss nicht, ob eine generelle Maskenpflicht an Schulen überhaupt noch reicht. Oder ob nicht doch teilweise Schulschliessungen nötig wären.»

Hohe Viruslasten bei Kindern entdeckt

Daten einer Studie des Chefvirologen der Berliner Charité, Christian Drosten, hatten bereits im Frühling 2020 darauf hingewiesen, dass Kinder eine ähnlich hohe Viruslast aufweisen, wie Erwachsene – also genauso ansteckend sind. Die Studie und ihre Ergebnisse lösten einen heftigen wissenschaftlichen und medialen Streit aus. Die Schwierigkeit, die Wissenschaftler bei zahlreichen Studien beschreiben, liegt darin, dass Kinder in der Tat seltener Symptome entwickeln und folglich seltener getestet werden.

Mikrobiologe Michael Wagner von der Uni Wien, Leiter einer Corona-Massenteststudie an österreichischen Schulen, sagte dem «Spiegel»: «Die Kinder spiegeln das Infektionsgeschehen um sie herum wider.» Die Ergebnisse seiner Untersuchung an mehr als 240 Bildungseinrichtungen zeigen: Jüngere Schülerinnen und Schüler hatten ähnlich viele Infektionen wie ältere und nicht wesentlich weniger als Lehrerinnen und Lehrer. Und so tragen die Kinder das Virus nach Hause in die Familie.