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Corona-Fehleinschätzung: Luzerner Gastronomen fordern Rücktritt von Regierungsrat Guido Graf

Im Interview mit www.zentralplus.ch sagte Graf: «Wer seinen Geburtstag mit über 50 Gästen feiern will, sollte lieber zwei Jahre warten!» Die Luzerner Gastronomen sind entsetzt und fordern den Rücktritt des Politikers. In der Corona-Krise habe Graf total versagt.

Regierungsrat Guido Graf (CVP) scheint die Corona-Krise zu überfordern. «Nein, ich würde derzeit nicht von der zweiten Welle sprechen», so seine aktuelle Einschätzung.

«Gerade Leute in seiner Position sollten sich bewusst sein, welche Aussagen sie machen, wie fundiert diese sind und vor allem was diese Aussagen bewirken können», schreibt ein bekannter Luzerner Gastronom als Leserbrief. «Ist sich Graf bewusst, dass solche Aussagen bei Gastronomen zu riesigen Schäden führen kann? Wie kommt er darauf Prognosen von zwei Jahren zu stellen? Solche Aussagen vergrössern die Angst und Unsicherheit bei den Leuten noch mehr. Gut möglich, dass solche Anlässe, mit den richtigen Schutzmassnahmen, im Frühling/Sommer 2021 wieder möglich sind. Gut möglich, dass sich dann die Lage verändert hat. Niemand weiss das. Man muss die Lage immer wieder neu beurteilen und zum gegeben Zeitpunkt schauen was möglich ist.»

Was Guido Graf als Gesundheitsdirektor des Kantons sage, sei nicht tragbar, er solle zurücktreten, fordert gar ein verärgerter Club- und Barbesitzer auf Anfrage von Radio Lozärn. «Zudem führte er die Maskenpflicht viel zu spät ein!»

Fehleinschätzung: Graf verschläft die 2. Welle

Auf die Frage von Zentralplus, ob wir denn nun schon in der 2. Welle seien, antwortet Graf: «Nein, ich würde derzeit nicht von der zweiten Welle sprechen.» Experten sehen das anders. Prof. Dr. med. Aristomenis Exadaktylos ist Chefarzt und Direktor des Universitären Notfallzentrums am Inselspital und Co-Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Notfall- und Rettungsmedizin. Im Interview mit der SRF-Tagesschau sagte er am Samstagabend: «Die 2. Welle ist da, wir müssen diesen Flächenbrand mit allen Kräften eindämmen!»

Auch bei TeleBärn schildert der Professor die Dramatik (hier geht’s zum Video). Graf jedoch sieht noch keine 2. Welle.

Wie die Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI) bereits im Juli 2020 mitteilte, waren im Frühjahr bis maximal 98 Prozent jener Betten belegt, die gewöhnlich zur Verfügung stehen. 50 Prozent davon entfielen auf Covid-19-Patienten. Entsprechend schrammten auch Schweizer Spitäler nur haarscharf an einer Überbelegung mit möglicherweise katastrophalen Folgen vorbei. Prof. Dr. med. Aristomenis Exadaktylos: «Wenn man jetzt nicht sofort strenge Massnahmen ergreift, wird es schon bald ganz schlimm.»

Graf handelte zu spät – nun ist er selber schockiert

Bereits vor 10 Tagen schrieb Radio Lozärn: Die Frage ist nicht ob, sondern wann. Weil die Corona-Fälle derzeit in ganz Europa und auch in Luzern stark steigen, wird in Luzern die Maskenpflicht definitiv kommen. Das ist Fakt! Warum Gesundheitsdirektor Guido Graf den Entscheid aber so lange hinauszögert und somit eine mögliche Überlastung der Luzerner Spitäler riskiert, ist nicht nachvollziehbar. Radio Lozärn Hörerinnen und Hörer können Grafs zaudern nicht nachvollziehen und äusserten sich in vielen Leser-Mails bei der Radio-Redaktion.

«Ich bin geschockt», sagt der Gesundheitsdirektor Guido Graf letzte Woche bei einer Medienkonferenz. Er komme eben aus einer Sitzung mit Bundesrat Alain Berset und was man da hörte, sei erschreckend. Grafs Einsicht kommt sehr spät, hoffentlich nicht zu spät für die Spitäler und das schon jetzt stark belastete Pflegepersonal. Und fatal ist: Noch immer schätzt Graf die Corona-Lage in Luzern falsch ein, denn er sagt wir seien nicht in einer 2. Welle. Ist er als Gesundheitsdirektor noch tragbar?