«Penissimo»-Tweet: Von Patrizia Laeris Firma elleXX gab’s ein «Gefällt mir»
TV-Legende Beni Thurnheer (72) wird auf Twitter mit einem Penis-Witz verhöhnt, welcher auch beim Finanz-Start-up von Patrizia Laeri (44) gut ankam. Warum diese Häme?
Von Roger Givel
Vergangene Woche wurde bekannt, dass der Schweizer Showklassiker «Benissimo» 2022 auf die Bildschirme zurückkehrt. Aktuell kursiert bei Twitter ein Tweet inklusive Foto, der das «Benissimo»-Logo durch «Penissimo» ersetzt und dazu steht: «Wie alt, weiss und männlich kann eine Show eigentlich sein?», twitterte Patti Basler. Sie ist eine Schweizer Bühnenpoetin, Autorin, Kabarettistin und Satirikerin. Alles nur ein lockeres Spässchen, einfach nur Satire und witzig? Nein, findet Twitter-User Markus B. und antwortete: «Wie rassistisch, altersdiskriminierend und sexistisch kann Humor sein?
Laeri will in Medien keinen Sexismus
Der offizielle Twitter-Account von elleXX, der Schweizer Finanzplattform für Frauen, unterstützte den «Penissimo»-Witz mit einem Like (siehe Bild unten). Durch diesen «Gefällt mir»-Klick verbreitete elleXX den «Penissimo»-Witz weiter und so erschien dieser Tweet in der Timeline deren Follower/innen. In der Twitter-Timeline hiess es: «elleXX und … gefällt das» und dazu sah man als elleXX-Follower/in prominent das «Penissimo»-Logo. Ob Satire, Witz oder «nicht so ernst gemeint»: Ist diese Form von Sexismus wirklich lustig oder einfach nur demütigend?
Kaum jemand weiss das besser als die ehemalige SRF-Moderatorin und heutige Geschäftsführerin von elleXX Patrizia Laeri. Denn Laeri wehrt sich derzeit gegen sexistische Berichterstattung und geht rechtlich gegen die Medienplattform Inside Paradeplatz vor. Laeri letzte Woche bei Twitter dazu: «Sexismus hat auch ökonomische Konsequenzen. Er ist Enteignung.» Es sei mehr als stossend, wenn ein Lebenswerk durch üble, sexistische, herabwürdigende Nachrede, verzerrte Tatsachen und destruktives Wirken zerstört werde, teilte elleXX vor kurzem in einer Medienmitteilung mit.
Aber warum unterstützte denn Laeris Finanz-Start-up, das sich eigentlich für solides Finanzwissen bei Frauen stark machen will und gegen Sexismus klagt, öffentlich den «Penissimo»-Tweet im Netz und markierte den Tweet mit «Gefällt mir»?
Was hat Penis-Witz mit seriösem Finanzwissen zu tun?
Beim KMU SWISS Forum 2019 sagte Patrizia Laeri auf der Bühne, Sie hätten auf Ihren Social-Mediakanälen mehr Follower als die SRF-Sendung ECO im Schnitt Zuschauer habe. Laeri ist die Macht der sozialen Netzwerke somit bewusst.
Radio Lozärn fragte bei Laeris Firma elleXX schriftlich per E-Mail nach und wollte wissen, inwiefern ein «Penissimo»-Witz gemäss ihrer Ansicht oder der Ansicht ihrer Frauenfinanzplattform elleXX zur Verbreitung von seriösem Finanzwissen beitrage und nicht etwa altersdiskriminierend oder sexistisch sei?
Die Antwort folgte nur wenige Minuten nach der Email-Anfrage, aber lediglich indirekt: Kurz nach der Anfrage wurde das «Gefällt mir» wieder entfernt.
Sexismus Expertin nimmt Stellung
Radio Lozärn wollte wissen: Ist denn der «Penissimo»-Tweet oder dessen Verbreitung durch ein Like oder Teilung, wirklich sexistisch oder sind solch satirische Äusserung unbedenklich? Helena Trachsel ist Gleichstellungsbeauftragte des Kantons Zürich und Expertin bei Fragen rund um Sexismus und Diskriminierung – sie mahnt: «Wenn eine Person die Äusserung: Penissimo, wie alt, weiss und männlich kann eine Show eigentlich sein?, als unangemessen, entwertend, herabsetzend, benachteiligend da diskriminierend empfindet, gehört diese Handlung gestoppt. Die verursachende Person muss ihre Äusserung zurücknehmen und sich bei der betroffenen Person entschuldigen.»
Kann das digitale «Gefällt mir» auch strafbar sein?
Die Meinungsfreiheit gilt nicht nur für Menschenfreundliches. Sie gilt auch für Geschmacklosigkeiten. Denn: Die Algorithmen in den sozialen Netzwerken sorgen dafür, dass Botschaften, die viele Likes bekommen, ins Rampenlicht gerückt werden. Es gehe nicht um hohe Strafen, betonen die Ermittler gemäss Artikel «Klick, dann Strafbefehl» – Verwarnungen genügten. Es gehe darum, ein Bewusstsein zu schaffen: Hetze zu liken heisse, Hetze zu verstärken.
Tanja Irion ist Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht, was sie zum Thema «Warum kostet eine sexistische Beleidigung 10.000 Euro?» im Podcast sagt: Wo sind die Grenzen der Meinungsfreiheit, und darf Satire nicht auch sexistisch sein?
Es handle sich um einen satirischen Tweet
Auf Anfrage von 20 Minuten erklärt Laeri den Grund für die Entfernung des «Likes»: «ElleXX hat nach der Medienanfrage von Radio Lozärn das Like gelöscht, da es absehbar wurde, dass das Like dekontextualisiert wird.» Auf die Frage, weshalb der Beitrag vom elleXX-Konto überhaupt gelikt wurde, erklärt Laeri gegenüber 20 Minuten, es handle sich um einen satirischen Tweet der bekannten Satirikerin Patti Basler. Sie habe elleXX aufgrund des satirischen elleXX-Formates «#Männerfragen» im Beitrag getagged.
«Emotional und unüberlegt»
Brigitte Kaps, CEO und Gründerin von «Rent a PR» schätzt das Vorgehen von Patrizia Laeri als «emotional und unüberlegt» ein. «Eine nachträgliche Löschung eines Tweets oder eines Likes sollte immer die letzte Option sein und schnellstens transparent begründet werden», so Kaps gegenüber 20 Minuten.
Keine Reaktion auf Anfragen
Auf die mehreren schriftlichen Anfragen von Radio Lozärn reagierte elleXX bisher nicht. Radio Lozärn hat mehrmals versucht schriftlich per Email Stellungnahmen einzuholen und wollte elleXX und Patrizia Laeri die Möglichkeit bieten, hier ihre Sicht bezüglich des «Penissimo»-Likes darzulegen. Ohne Erfolg. Laeri selber ist eine erfolgreiche Journalistin und kennt die Mechanismen der Medien, warum sie nicht antwortet, darüber kann nur spekuliert werden. Bisher hat Laeri dazu nur bei 20 Minuten Stellung genommen.
Mehr als nur «alt und weiss»: Beni Thurnheers grandiose Karriere
1973 wurde er unter 1600 Mitbewerbern an einem Nachwuchswettbewerb für Sportreporter von Radio und Fernsehen DRS entdeckt und angestellt. Nachdem er zunächst vor allem als Radiomoderator arbeitete, trat er 1975 erstmals im Fernsehen auf, als Präsentator der Sendung Sportkalender. Mit der Zeit übernahm er die Präsentation fast aller Sportsendungen des Schweizer Fernsehens wie Sport am Wochenende, Sportpanorama und Sport aktuell.
Als Live-Kommentator spezialisierte er sich auf Fussball und Eishockey. Von 1980 bis 1991 moderierte er die Quizsendung Tell-Star, von 1992 bis 2012 die Unterhaltungssendung Benissimo. Er wurde viermal mit dem Prix Walo ausgezeichnet. 2011 lief die extra für Bernard Thurnheer konzipierte TV-Castingshow Einer wie Beni Thurnheer. Thurnheer war Namensgeber und Jurymitglied der Sendung, die dem Schweizer Sportfernsehen (SSF) half, ein Nachwuchstalent als Sportkommentator zu verpflichten und aufzubauen.